Guter Hardrock wird immer seltener. Die echten Macher alias Judas Priest, Accept, Iron Maiden usw. werden immer älter und gebrechlicher. Jüngst erschütterte die Meldung, dass Malcom Young einen Schlaganfall erlitten hatte, die eingeschworene Gemeinde rund um die australische Combo. Spätestens jetzt müsste jedem bewusst geworden sein, wie endlich das Leben ist. Treu und brav verharrte der geneigte ACDC-Fan, Jahr um Jahr auf die nächste Platte wartend, um dann voller Begeisterung ein neues Machwerk der Wechselströmer in den Händen zu halten. Das Geilste daran: Jedes Album klingt wie die anderen Alben davor und davor und davor…
Nach so langer Zeit „on Stage“ haben sich auch die schärfsten Gitarrenriffs abgenutzt. Alles in allem sind die Stücke von ACDC weniger bissig als früher. Das gilt für die Vocals und für den Sound – Irgendwie älter, doch nicht unbedingt schlechter.
Frisches Blut – Seventyseven 77
Zum Glück geht es Malcom wieder gut und sein Platz wird künftig sein Neffe einnehmen. Er hat wohl schon einige Tracks auf dem kommenden Album eingespielt. Und noch mehr Glück ist es, ´77 zu kennen. Die Spanier rocken die Bude, wie es nur Bon konnte. Schmutziger, nörgelnder Gesang mit rotzfrechen Gitarrenriffs und Drum-Attacken, wie eine volle Breitseite der Bismarck.
Die Band besteht aus den Brüdern Armand (vocals, guitar) und LG Valeta (lead guitar), Dolphin (drums) und Raw (bass). Diese drei Instrumente plus aussagekräftiger Stimme genügen, um die Bude richtig scheppern zu lassen.
´77 ist KEINE Coverband.
Lediglich der Stil ist ACDC. Die Songs werden alle selbst geschrieben und vertont. Auf den ersten zwei Veröffentlichungen der Band ist der Sound noch erfrischend ungehobelt. Das VU-Meter wagt kesse Ausritte in den roten Bereich, wenn nervenzerfetzende E-Gittaren-Solis die Lautsprecher in die Knie zwingen. Der Ton-Techniker hat beim Debutalbum 21st Century Rock und beim Nachfolger High Decibels genau richtig gelegen. Der gesamte Soundteppich war so dicht gewoben, wie ein Perserteppich im oberen Preissegment. An den Stellen, wo es die Dramatik erforderte, ergänzte der Pegel die Wirkung. Man hatte das Gefühl, die Jungs stehen neben einem, während sie auf Drums, Bass, Gitarre und Mikrofon eindreschen.
Maximum Rock ´n´ Roll
Die aktuelle Platte ist technisch und gesanglich breiter aufgestellt. Etwas bluesiger. Mehr Melodie. Für meinen Geschmack durchaus gelungen. Allerdings kann bei dem aktuellem Album „Maximum Rock ´n´ Roll“ der Ton-Ingenieur nicht ganz überzeugen. Ein komplett equalisiertes Matschbrötchen. Es besteht nicht die geringste Gefahr, sich durch ein motiviertes Solo einen Termin beim Hörgeräte- Akustiker zu verschaffen. Alles langweilig auf einen Level, konform mit allen Billiganlagen und Billigkopfhörern. Gähn! Trotzdem gelingt es der knapp 36 Minuten langen Komposition von eingängigen Riffs, knarziger Rockstimme und hämmernden Bässen voll und ganz zu überzeugen. Vielleicht auch gerade wegen der fehlenden Perfektion?
Jeden einzelnen Titel zu analysieren macht keinen Sinn. Im ersten Track heißt es trefflich: You can call it what you want, we call it Rock ´n´ Roll. That´s it. Nicht mehr und nicht weniger liefert die spanische Band ab. Guten alten Hardrock. Ganz im Style von ACDC. ´77 darf keinesfalls mit einer x-beliebigen ACDC-Coverband gleich gestellt werden. Ganz im Gegenteil. Die selbstkomponierten Stücke wirken freier, frischer und fetziger als die der Originalen-Alt-Rocker. Man sollte ´77 als ACDC 2.0 oder ACDC – The next Generation verstehen. Sollten sich die Australier zur Ruhe setzen, erschreckt mich das nicht mehr. Ich habe (solange es ACDC noch gibt) eine adäquate Ergänzung und wenn ACDC in Rente geht, einen perfekten Ersatz gefunden. Alle bisher erschienenen Alben können überzeugen. Sie knüpfen nahtlos aneinander an, ohne gleich zu klingen.
Die vier leben ihre Musik. Anders ist ein Titel wie „Don´t you Scream“ nicht zu erklären. Scheinbar ist der Text nach einer durchzechten Partynacht geschrieben worden. Ich gebe zu: Ich erkenne mich in dem Song wieder. Manchmal… also ab und zu …
Trackliste:
1. Maximum Rock´n Roll
2. Dont´You Scream
3. Down And Dirty
4. Highway Rebel
5. Jazz It Up
6. Stay Away From Water
7. You Bore Me
8. Take Me Or Leave Me
9. Virtually Good
10. 16 Year-Old King
Band: ´77
Album: Maximum Rock´n Roll
Spielzeit: 35:20 min.
Stilrichtung: Hardrock
Plattenfirma: Listenable Records
Veröffentlichung: 15.10.2013
Homepage: www.77rocks.com
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